Ich möchte euch von einem (zugegebenermaßen nicht ganz freiwilligem) Experiment berichten.
Folgendes trug sich zu:
Am Freitag vergaß ich in meiner „Praxis-Werkstatt“ mein Handy. Draufgekommen bin ich erst zu Hause. Nach einer halbstündigen Fahrt mit dem Fahrrad. Im ersten Moment wollte ich dem Impuls nachgeben, sofort wieder auf das Rad zu steigen und zurückzufahren.
Im Hintergrund hörte ich meinen Mann lachen, „…das wird’s du wohl nicht aushalten, einen ganzen Tag ohne dein Handy…?“ Ich möchte hinzufügen, mein Mann ist ein chronischer Socialmedia-Verweigerer aus Überzeugung, insbesondere WhatsApp erachtet er als völlig überflüssig und sogar bedrohlich für den menschlichen Intellekt und schwächend für die Intuition. Für ihn gilt, wenn´s wirklich wichtig ist dann kann man anrufen, oder wenn man schon nicht sprechen kann, eine SMS schreiben.
Ich überlegte … doch, das werde ich aushalten, dachte ich mir. Ich nahm es als Herausforderung. (Eigentliche eh arg, dass man so etwas überhaupt als Herausforderung bezeichnet… was hätten wohl unsere Ahnen dazu gesagt…) Ich begann mich zu beobachten und musste mit Erschrecken feststellen, wie oft der Impuls da ist, auf das Handy zu schauen. Dabei hab ich mich eigentlich nie als den großen Freak diesbezüglich gesehen, da gibt es ganz andere Leute die ständig das Smartphone in der Hand haben und sogar während des Essens nachschauen müssen, wenn´s brummt oder piepst oder sonst ein Geräusch von sich gibt.
Während des Ausmalens der Wohnung (das hatten wir dieses Wochenende geplant) ertappte ich mich dabei, wie ich im Geiste sämtliche „Worstcases“ durchging. Wer könnte verzweifelt versuchen mich zu erreichen? Was würden meine Freundinnen denken, wenn ich nicht sofort auf eine WhatsApp reagiere? Wenn jemand aus der Familie mich vergeblich versucht zu erreichen, wenn womöglich etwas passiert ist… Da fiel mir ein, dass mich Familie und engste Freunde jederzeit erreichen können, wenn etwas Wichtiges sein sollte, sie bräuchten nur bei meinem Mann anrufen. Seine Handynummer haben sie ja. Ein Gefühl der Beruhigung kehrte wieder in mir ein.
Ich setzte meine Selbstbeobachtung fort. Während des Ausmalens sprachen wir über das morgige Wetter, es wäre wichtig für die Trockenzeit der Farbe, dass es nicht feucht ist und regnet. Und schon wieder der Impuls aufs Handy zu schauen, wie denn das Wetter morgen wird. Dabei können wir das morgige Wetter ja ohnehin nicht beeinflussen, und wenn es regnen sollte, dann wird die Farbe halt länger brauchen um zu trocknen. Etwas später sprachen wir über einen Musiker und ich wollte nachschauen, wann er geboren ist um mir seine Zahlen anzusehen. (Aus numerologisch-beruflichen Gründen, ein sehr interessantes Feld um zu forschen wie Zahlen wirken…) Da fiel mir ein, ich hab ja mein Handy nicht da…
Und jedes Mal, wenn ich an dem Platz vorbeikam an dem ich für gewöhnlich mein iPhone aufbewahre, bemerkte ich den Impuls hinzugreifen und ich fragte mich, wie oft schaue ich wirklich täglich auf dieses Ding? Die Antwort, erschreckend oft!
Nach 24 Stunden bemerkte ich eine zunehmendere Gleichgültigkeit. Mein Mann befand ich wäre anders, konzentrierter, weniger abgelenkt, zugewandter, gesprächiger … (also wirklich, das bin ich doch sonst auch alles!)
Dennoch gibt es mir zu denken, was macht es mit uns? Abgesehen von der Strahlung, die nachweislich vorhanden ist, wie sehr beeinflusst uns dieses kleine technische Wunderding? Oder, wie sehr lenkt es uns ab? Oder, wie sehr soll es uns ablenken? Es ist Fluch und Segen zugleich, und wie bei allem sollte es so sein, dass wir selbst bestimmen inwieweit wir uns dirigieren lassen.
Ich für meinen Teil habe nach diesem Experiment beschlossen, bewusster damit umzugehen. Kritischer, gezielter, abgespeckter in der Nutzung. Es soll ein guter Mittelweg werden. Inklusive bewusst eingelegter Handypausen. Vielleicht sogar so, dass ich diese Pausen vorher ankündige, damit sich niemand Sorgen machen muss😉
Übrigens, ich hab tatsächlich von Freitagnachmittag bis Montag früh durchgehalten. Es war dann allerdings schon einiges los auf meinem Handy…
Renate